Produktionsbetriebe müssen sich auf einen immer härteren, globalen Wettbewerb einstellen. Mit Management- und Steuerungsmethoden wie Kaizen, dem Demingkreis oder der 5-Warum-Methode sollen Unternehmen „lean“ – also schlank und effizient – auf die Anforderungen im Rahmen der Industrie 4.0 und der fortschreitenden Digitalisierung reagieren. Dabei ist die Optimierung von Prozessen längst den Management-Ebenen entflohen und bestimmt mittlerweile auch den Fertigungsalltag direkt an den produzierenden Maschinen.
Mit SMED, dem „Single Minute Exchange of Die“ oder auf Deutsch dem „Werkzeugwechsel im einstelligen Minutenbereich soll die Rüstzeit einer Maschine oder Fertigungslinie reduziert werden. Wir betrachten den SMED Ansatz in diesem Beitrag einmal genauer.
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Was bedeutet SMED?
Der Single Minute Exchange of Die ist ein Verfahren, dass wie so viele andere Methoden der schlanken Unternehmensführen aus Japan stammt. Entwickelt wurde SMED von Shigeo Shingō, einem externen Berater, der maßgeblich an der Entwicklung des Toyota-Produktionssystems TPS beteiligt war. In den 1970er Jahren fertigte man bei Toyota mit großen Losen, was eine entsprechend große und teure Lagerhaltung mit sich brachte.
SMED setzt auf technische und organisatorische Maßnahmen, um Rüstzeiten zu verkürzen. Der Single Minute Exchange of Die zielt darauf ab, Maschinen oder Fertigungslinien innerhalb eines Fertigungstaktes zu rüsten oder umzurüsten. So soll Verschwendung durch Warten reduziert werden. Der Terminus „Werkzeugwechsel“ in der deutschen Übersetzung ist übrigens irreführend. Denn SMED bezieht sich nicht auf den Wechsel von einem Werkzeug zu einem nächsten! Vielmehr ist die Zeit vom letzten Werkstück des alten Fertigungsloses bis zum ersten Werkstück des neuen Fertigungsloses gemeint. Eine Übersetzung mit „Produktionswechsel“ zielt eher auf den Hintergedanken von SMED ab, ist aber in Deutschland unüblich.
SMED – Viel mehr als „nur“ ein Werkzeugwechsel
Wenn im Rahmen von SMED von „Rüsten“ die Rede ist, ist nicht nur der eigentliche Werkzeugwechsel gemeint, sondern vielmehr der gesamte Wechsel der für eine Umstellung der Fertigung notwendigen Ausrüstung. Dazu gehören Werkzeuge, aber auch Rohmaterialien, Betriebs- und Hilfsmittel, die Einstellung der Maschine und eine in der Regel notwendige Neuprogrammierung. SMED soll als Baustein den Lean Gedanken im kompletten Produktionsprozess integrieren, sowohl was die Arbeitsmittel als auch die Organisation anbelangt.
Was ist das Ziel von SMED?
Das Ziel von SMED ist das Umrüsten einer Maschine auf einen neuen Fertigungsprozess, ohne dabei den Fertigungsfluss nachteilig zu beeinträchtigen. Das Ziel kann genau dann als erreicht gewertet werden, wenn eine Maschine beziehungsweise eine Fertigungslinie innerhalb eines Fertigungstaktes umgerüstet werden kann. Im Idealfall kann der vom Kunden initiierte Pull-Prozess bereits in der Fertigung so umgesetzt werden, dass auch individuelle Kundenwünsche bis hin zur Losgröße 1 innerhalb eines Fertigungstaktes berücksichtigt werden können.
Die Umsetzung von SMED
Die Umsetzung von SMED in der Produktion läuft in mehreren Teilschritten ab, wobei zunächst organisatorische und dann technische Maßnahmen umgesetzt werden. Durch die Aufteilung in mehrere iterative Schritte kann die vorgegebene und überaus wichtige Reihenfolge besser eingehalten werden. Jeder Teilschritt soll für eine Reduzierung der Rüstzeiten um 50 bis 60 % in Bezug auf den vorherigen Schritt sorgen.
Wichtig für das Verständnis von SMED ist die Unterscheidung von internen und externen Rüstvorgängen.
Interne Rüstschritte können generell nur bei einem Maschinenstillstand durchgeführt werden (beispielsweise der Werkzeugwechsel), wohingegen externe Rüstschritte, zum Beispiel die Bereitstellung der Werkzeuge oder Rohmaterialien, bereits dann durchgeführt werden, während die Maschine noch produziert.
Mit diesem Wissen kann SMED mit folgenden Teilschritten umgesetzt werden:
- Zeiterfassung der bestehenden Rüstvorgänge
- Trennung von internen und externen Rüstvorgängen (Organisation)
- Überführung interner Rüstvorgänge in externe Rüstvorgänge
- Optimierung und Standardisierung von internen und externen Rüstvorgängen
- Eliminierung von Justierungsvorgängen
- Falls möglich: Parallelisierung von Rüstvorgängen
Womit lässt sich ein Rüstvorgang optimieren und standardisieren?
Jedes produzierende Unternehmen muss für sich selbst die optimalen Maßnahmen zur Optimierung von Rüstvorgängen herausfinden. Zu gängigen Maßnahmen zählen unter anderem der Einsatz von Klemmen statt Schrauben, die Verwendung von Schiebetischen anstelle von Kränen oder Vorrichtungen, die ein Justieren außerhalb der Maschine ermöglichen. Ebenfalls gehören eine erhöhte Automatisierung des Fertigungsprozesses, die Standardisierung von Rüstaktivitäten und Werkzeugen und eine Parallelisierung von Rüstvorgängen durch erhöhten Personaleinsatz zu den möglichen Maßnahmen, um SMED zu erreichen. Wichtig bei der Umsetzung von SMED ist eine detaillierte Dokumentation, die alle beim Rüsten notwendigen Handgriffe aller Beteiligten festhält. Die Handgriffe werden anschließend in Checklisten fixiert, so dass sich Störungen und Abweichungen schnell und frühzeitig erkennen lassen.
Welche Vorteile bringt die SMED-Methode einem Unternehmen?
SMED reduziert Durchlaufzeiten und Losgrößen teils deutlich. Bestände lassen sich senken, gleichzeitig wird die Termintreue und die Flexibilität in der Fertigung erhöht. Wird die SMED-Methode optimal umgesetzt, werden Fertigungskosten gesenkt und es wird Platz im Betrieb geschaffen.
Die Mitarbeiter sollten immer eingebunden werden
Die Vorschläge zu schnelleren Rüstvorgängen kommen von dort, wo sie sich abspielen – nämlich nach Beobachtungen und Analysen der Abläufe von Mitarbeitern an der Maschine. Die Mitarbeiter können Vorschläge für schnellere Rüstvorgänge im Rahmen von Gruppenmeetings während der Arbeitszeit machen oder, bei großen Firmen üblich, schriftlich an das Betriebliche Vorschlagswesen einreichen. In einigen Unternehmen wird den Mitarbeitern, dessen Vorschläge umgesetzt werden, eine Prämie ausbezahlt – ein deutliches Plus für die Motivation.
Vernichtet SMED Arbeitsplätze?
Ob durch die SMED-Methode Arbeitsplätze gefährdet oder gesichert werden, hängt stark von der wirtschaftlichen Situation des Betriebes ab. In produzierenden Unternehmen mit Unterauslastung können Einsparungen bei der Rüstzeit gerade kurz- und mittelfristig zu Personaleinsparungen führen. Anders sieht es bei gut ausgelasteten Betrieben oder bei Engpassanlagen in der Linienproduktion aus. Hier kann eine Zeitersparung in den allermeisten Fällen zu einer Mehrproduktion führen – was eine Aufstockung des Personals mit sich bringt. In beiden Fällen, sowohl bei Unterauslastung als auch bei Vollauslastung, steigert eine erhöhte Produktivität und Flexibilität die Wettbewerbsfähigkeit – und sichert somit Arbeitsplätze.
Fazit
Mit dem Single Minute Exchange of Die werden unproduktive und damit teure Rüstzeiten zuverlässig gesenkt. Wie viele andere Methoden stammt auch SMED aus Japan, wo es erfolgreich die Produktion bei Toyota verschlanken konnte. Die Umsetzung von SMED mittels mehrerer Teilschritte ist überaus effektiv – vor allem dann, wenn die Mitarbeiter eines Unternehmen in den Entscheidungsfindungs-prozess mit einbezogen werden können. Ob SMED Arbeitsplätze sichert oder zum Abbau führt, hängt stark von der Auslastung des jeweiligen Betriebs ab. Langfristig steigert SMED die Wettbewerbs-fähigkeit und somit auch die Arbeitsplatzsicherheit.
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